Hereinspaziert ins Kujau-Kabinett!

Nur rund 700 Meter von Kujaus letztem Wohnort „Im Friederikele“ entfernt liegen die Ausstellungsräume des Kujau-Kabinetts in der Bahnhofstraße Bietigheim-Bissingens. Die Ausstellung zeigt ein Kaleidoskop von Fälschungen, aber auch Originalen aus der Feder Konrad Kujaus und dokumentiert eine jahrzehntelang andauernde Fälschergeschichte.

Die Ausstellung, Kujau Kabinett

Die Hitler-Tagebücher

Oder: Wie ein Medienskandal Deutschland in Atem hält

Der Rundgang beginnt mit der bekanntesten Episode aus Konrad Kujaus Leben. Angefangen bei einem Buddelschiff, in dem die Fälscherwerkstatt Kujaus dargestellt ist, bis hin zu der Geldtasche, mit welcher der Reporter Gerd Heidemann die Millionenbeträge für die gefälschten Tagebuchkladden überbracht haben soll, gewinnt der Besucher hier die ersten Eindrücke über die Person und Persönlichkeit des Fälschers.

Eine Vitrine zeigt Szenen und originale Requisiten aus Helmut Dietls oscarnomminierter Filmsatire „Schtonk“ von 1991/92, die den Skandal der angeblichen Hitler-Tagebücher mit Starbesetzung filmisch aufbereitete. Auch originale Erinnerungsstücke von Hermann Görings Yacht Carin II, die Gerd Heidemann nach dem Krieg erworben hatte, sind hier zu sehen. Gleich daneben fällt der Blick auf eine Szenerie mit Fundstücken in Börnersdorf/Sachsen, wo im April 1945 jene Junkers 352 abstürzte, in der sich angeblich auch die Tagebücher des Führers befunden haben sollen.

Hinter einer Original-Gefängniszellentür aus Hamburg-Fuhlsbüttel, wo Kujau und Heidemann ihre Strafe verbüßten, verbergen sich die gefälschten Hoheitszeichen des Dritten Reichs. Öffnet man das schwere Eichenportal, betritt man ein abgedunkeltes Kabinett, in dem sich hauptsächlich gefälschte Schriftstücke befinden – von einem Liebesbrief Hitlers an eine unbekannte Frau bis hin zur Kapitulationsurkunde. Eine genaue Betrachtung der Schriften und Gegenstände lässt schnell den Schluss zu, dass die Dokumente und Gegenstände bei ordentlicher Prüfung niemals als „echt“ hätten beurteilt werden können. Möglich wurde das vor allem durch die unerschütterliche Überzeugung der Betrogenen. Menschen, die dafür anfällig waren, hat Konrad Kujau – so dokumentiert es diese eindrucksvolle Dunkelkammer – vorsätzlich und nicht selten mit unverhohlener Ironie hinters Licht geführt.

Die Kunstfälschungen

Oder: Wie ein Künstler sich durch alle Epochen fälscht

Verlässt man das dunkle Kabinett durch den schwarzen Vorhang, öffnet sich der Blick auf die Ausstellungswände mit der Malerei Konrad Kujaus. Quer durch alle Epochen und Genres, von Monet bis Miro, von Chagall bis Dali, von Zille bis Spitzweg reichen die gefälschten Werke, die er seit den 1960er-Jahren produzierte. Und von denen er selbst behauptete, dass einige davon unerkannt in berühmten Museen hängen.

Wann Kujau die jeweiligen Bilder fälschte, lässt sich leicht an den Signaturen erkennen. Denn bevor er durch den Coup mit den gefälschten Hitler-Tagebüchern populär wurde, signierte er fein säuberlich in der Handschrift der großen Meister. Später setzte er selbstbewusst seinen eigenen Namen unter die Gemälde und verkaufte sie zu stattlichen Preisen an die Kunden, die ihre repräsentativen Räume jetzt gerne mit einem „echten Kujau“ schmückten.

Vor den Bildwänden zeigen Tischvitrinen die Fälscherwerkzeuge des Meisters, unter anderem mit originalen Farbmischpaletten, Bildvorlagen aus Büchern und verschiedenen Malutensilien.

Die Fälscherwerkstatt

Oder: Wie man mit Handwerk und Wissen Experten hinters Licht führt

Eine Ecke ist als Werkstatt Konrad Kujaus nachgestellt, abgetrennt durch weitere Tischvitrinen, welche die Inhalte der Schreibtischschubladen zeigen. Darunter beispielsweise alte Tinten und Stempelkissen, alte Originalpapiere vom Flohmarkt sowie Mineralien, mit denen der Fälscher seine „historischen“ Farben anmischte. Die Einrichtung ist eher bieder und bunt zusammengewürfelt. Auch einige Original-Kujau-Utensilien wie seine Staffelei mit einer begonnenen Kunstfälschung oder sein Malerkittel sind hier zu sehen.

An der Wand schließt sich die persönliche Bibliothek an, gefüllt mit Prozessakten, historischer Literatur und abgegriffenen Kunstbänden, die dem Fälscher als Vorlage dienten. In den Büchern finden sich viele kleine Notizzettel, auf denen Kujau beispielsweise Handschriften geübt hat oder sich Notizen zu bestimmten Themen machte.

Eine kleine Couch lädt die Besucher ein, hier zu verweilen und sich einzufühlen in den Alltag eines Fälschers. Auch die mannigfaltigen Eindrücke des Kabinett-Besuchs können sich hier „setzen“.

Die Handschriften

Oder: Wie historische Persönlichkeiten nach ihrem Ableben schreiben.

Zwei weitere Wände sind ausschließlich den Fälschungen von Handschriften vorbehalten, die Konrad Kujau meisterhaft – mit Brief und Siegel – beherrschte. Vom Schlachtplan Wallensteins bis hin zu Schriftstücken von Katharina der Großen, Karl Marx und Johann Sebastian Bach ist hier viel Kurioses zu entdecken. Gegenüberliegend zeigen drei Vitrinen Dokumente und Zertifikate von Napoleon, mehreren deutschen Herrschern und aus der Weimarer Zeit.

Handschriften berühmter Persönlichkeiten macht Kujau sich nicht nur zu eigen, um geschichtliche Dokumente nachzuahmen. Schamlos nutzte er sie auch dazu, um in der Handschrift historischer Personen beispielsweise Echtheitszertifikate für Orden oder andere Machtinsignien zu fälschen. Was er bei einem Spaziergang auf dem Flohmarkt fand, wurde so im Handumdrehen zu einem wertvollen Objekt.

Handschriften, Die Ausstellung, Kujau Kabinett