Biografisches zu Konrad Kujau
Die Biographie eines Kunstfälschers zu verfassen, ist kein leichtes Unterfangen. Denn interessant wird das Leben eines Mannes, der ein ganzes Land mit gefälschten Dokumenten und Bildern hinters Licht führte ja erst ab dem Zeitpunkt, an dem der Fälscher selbst bereits eine gewisse Popularität erlangt hat.
Doch ab diesem Moment beginnen auch die Legenden allerorten zu sprießen. Selbsternannte Kenner geben „wahre“ Episoden zum Besten und sind dabei nicht selten selbst angesteckt vom Virus des Mogelns oder mindestens des Übertreibens. Fakt ist, dass viel Unwahres oder nicht Verbürgtes über den Meisterfälscher Konrad Kujau in den Medien kursiert.
Für das KujauKabinett hat Dipl.-Museologe Peter Ertel – ein „echter“ Kenner der Geschichte Konrad Kujaus und seinerzeit auch persönlich mit dem Fälschertalent bekannt – die belegbaren biografischen Fakten zusammengetragen. Sozusagen eine wahre Biografie des berühmten Hitler-Tagebuch-Fälschers.
Geboren wird Konrad Paul Kujau als Sohn des Schuhmachers Richard Kujau und dessen Frau Herta Frieda am 27. Juni 1938 in Löbau/Sachsen. Er wächst mit vier Schwestern auf und besucht ab 1943 die Volksschule Löbau. Während des großen Bombenangriffs auf Dresden im Februar 1945 wird die Familie getrennt, die fünf Geschwister leben fortan im Kinderheim Ruppersdorf/Sachsen, wo Herta Kujau sie 1951 über das Deutsche Rote Kreuz wiederfindet. Zurück in Löbau absolviert der Schüler Konrad die Preusker Grundschule und erhält 1954 sein Abschlusszeugnis mit der Benotung „gut bestanden“.
Im selben Jahr beginnt der junge Kujau eine Lehre als Bauschlosser und arbeitet anschließend als Hilfsarbeiter in diversen Betrieben. Aufgrund seines offenkundigen Interesses für Kunst und Kultur überträgt die FDJ (Freie Deutsche Jugend) ihm Mitte 1959 die Leitung des Kreisklubhauses Löbau. Mit der Veröffentlichung erster Karikaturen im „Eulenspiegel“ (einer viel gelesenen DDR-Satirezeitung) und in der Jugendzeitschrift „Frösi“ steigt Kujaus Bekanntheit bald über die Stadtgrenzen hinaus.
Von Zeitzeugen ist glaubhaft überliefert, dass der spätere Meisterfälscher bereits zu jener Zeit sein bemerkenswertes Talent der Unterschriftenfälschung in bare Münze umsetzt. Seine „original“ unterschriebenen Postkarten von DDR-Parteichef Ulbricht und Ministerpräsident Grotewohl finden reißenden Absatz.
Weitere Delikte bringen den 19-Jährigen mit dem Gesetz in Konflikt. Den Ermittlungen wegen Diebstahl eines Mikrofons im Wert von 40 Mark entzieht er sich 1957 durch Verlegung seines Wohnsitzes nach Westberlin. Vier Jahre später steht er erstmals auch in der Bundesrepublik Deutschland vor Gericht. Das Schöffengericht Stuttgart verurteilt ihn wegen gemeinschaftlichen schweren Diebstahls.
Konrad Kujaus künstlerische Ausbildung ist nicht glaubhaft zu belegen, da die Informationen hierzu meist aus seiner eigenen fantasievollen Feder stammen. Und bekanntermaßen ist das vorsätzliche und häufig augenzwinkernde Zurechtrücken der Wahrheit eine der charakteristischen Stärken des äußerst kreativen Fälschers.
Seinen „künstlerischen Durchbruch“ erlebt Konrad Kujau alias „Fischer“ 1983 mit der Veröffentlichung der Hitler-Tagebücher im Stern, die ihn gleichzeitig fast in den Abgrund zieht – zumindest aber für 780 Tage in die Justizvollzugsanstalt Hamburg-Fuhlsbüttel. An Kehlkopfkrebs erkrankt wird er im Juli 1985 aus der Haft entlassen und entwickelt mit der gewonnenen Popularität seine persönliche Erfolgsgeschichte. Dazu trägt einige Jahre später auch Helmut Dietls Verfilmung des Medienskandals in der gesellschaftskritischen Komödie „Schtonk“ ihr Scherflein bei.
Denn ab sofort verdient Kujau mit seinem genialen Fälscher-Know-how sehr viel „ehrliches“ Geld. Bis in höchste Kreise von Wirtschaft und Politik sind seine plagiierten Meisterwerke mit der echten Konrad Kujau-Signatur gefragt und erzielen Höchstpreise. Gleichzeitig zeigt er oft sein mitfühlendes Herz für Kinder und Bedürftige, indem er „echte“ Kujaus für soziale Zwecke spendet und versteigern lässt. Eine „Kujau-Dali“ erzielt bei einem Fest des Amsel e.V. (Verein für an Multipler Sklerose Erkrankte) ohne Weiteres 3.000 DM.
Seit seiner Haftentlassung lebt der Fälscher mit seiner Lebenspartnerin Edith Lieblang wieder in Bietigheim-Bissingen. Er ist eine bekannte Größe in den Etablissements der Stuttgarter Altstadt, wo ihn jeder unter dem Namen „der General“ kennt. In seiner „Galerie der Fälschungen“ geben sich Kunstliebhaber und Sammler aus Nah und Fern die Klinke in die Hand. Seine Gaststätte „Alt-Heslach“ avanciert vom kulinarischen Geheimtipp zur Kultkneipe in der Stuttgarter Szene. Auch in den Lokalen seines Heimatorts Bietigheim-Bissingen ist er ein gern gesehener Gast und bereichert so manche gesellige Runde mit seiner Anwesenheit und skurrilen Geschichten.
Nicht zuletzt publizistisch setzte sich der Meisterfälscher ein repräsentatives Denkmal. 1996 erscheint sein Episodenbuch „Die geheimen Tagebücher des Konrad Kujau“. 1999 folgen mit „Kujau’s Kulinarisches Geheimarchiv“ nach eigenen Worten „unveröffentlichte Tagebuchnotizen und Lieblingsrezepte prominenter Persönlichkeiten gesammelt und illustriert von Konrad Kujau“.
Konrad Kujau stirbt am 12. September 2000 im Stuttgarter Marienhospital.